INNENSTADTHANDEL

Neuer Besitzer für Karstadt Bamberg?

Ist Bamberg dabei? 47 Filialen der insolventen Galeria-Kaufhauskette könnten von Buero.de übernommen werden. Der Onlinehändler hat Galeria laut Zeitungsberichten ein solches Angebot gemacht.

Starke Konkurrenz durch Online-Händler

Unter Berufung auf Unternehmenskreise berichten einschlägige Medien, dass der mögliche Käufer Buero.de besonders an Standorten in mittelgroßen Städten interessiert sei. Infrage kämen rd. ein Dutzend Filialen allein in Bayern, darunter in Erlangen, Bayreuth und Bamberg.
Mögliche Entscheidungen sollen vornehmlich von den Mieten für die Warenhäuser und von Fragen zur Flächennutzung oder notwendigen (energetischen) Sanierungen abhängen.

Es ist das zweite Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren, dass der aus dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof entstandene Warenhauskonzern den Weg zum Insolvenzgericht antreten muss. Denn bereits während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September und kostete den Staat 680 Mio €.
Nun leidet die Kaufhauskette unter den steigenden Energiepreisen und der schlechten Stimmung der Käuferinnen und Käufer. Davon unabhängig steht der Konzern aber auch durch Konkurrenz von Online-Händlern unter Druck. Der Konzern hatte in dem von den Corona-Lockdowns geprägten Geschäftsjahren hohe Verlust geschrieben und rechnete auch Ende diesen Jahres mit einem niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenverlust.
Eigner Galerias ist die Signa Holding des österreichischen Immobilien-Investors René Benko. Ihr gehören auch zahlreiche Warenhaus-Immobilien Galerias.

Bamberg würde den Innenstadt-Magneten verlieren

Augenscheinlich gibt es in Bamberg für eine bevorstehende Insolvenz von Karstadt keine Hinweise. Es lässt sich aber gut vorstellen, dass die rund 50 Mitarbeiter der Filiale Bamberg erneut um ihre Arbeitsplätze bangen. Wie man weiß, haben die Vollzeit-Beschäftigten als Beitrag zur Rettung des Konzerns schon in den vergangenen Jahren auf rd. 5500 €/a verzichtet - vom Weihnachts- bis zum Urlaubsgeld.
Das Bamberger Kaufhaus ist eine Traditionsadresse. 1886 gründete die jüdische Unternehmerfamilie Tietz das Kaufhaus der Tietz-Kette. In der Nazi-Diktatur wurde die Familie enteignet, das Geschäft “arisiert”. Im Gebäude wurden ein Versorgungslager und ein Gefängnis eingerichtet. 1951 öffnete “der Hertie” (=Hermann Tietz) wieder. In den 60-iger Jahren wurde unter dem Maxplatz Bambergs erste Tiefgarage gebaut. In den 1990ern übernahm Karstadt das Kaufhaus.
Das Kaufhaus gilt wirtschaftspolitisch gesehen als sog. Magnet für die Bamberger Innenstadt. Kunden wollen das Kaufhaus erleben und gehen nicht selten dann doch zu einem Geschäft in der nahen Umgebung. Sollte Karstadt zumachen, dann würde das einen Rückschlag für die ganze Einkaufs-Innenstadt bedeuten.

Geschrieben: mdwvBilder v. webzet (Titelbild ist Symbolfoto);

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der wechselbalg
kleinteiliges sortiment, der ladendieb jubiliert schon
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webzet
2 : 2 - Schließen wir hier den Disput. Die Argumente sind weitgehend ausgetauscht.
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Bergradfahrer
So brutal und unempathisch wie @zerberus möchte ich es nicht formulieren, denn ich mag Kaufhäuser. Sie bringen nicht nur was für den Konsum, sondern man kann auch zum Nachdenken, sozusagen als kognitiver Schubs mal rein und sich von den vielen Sachen vielleicht auch die noch nicht bedachte Lösung eines komplexen, festgefressenen Problems bringen lassen. Man kann flanieren, vielleicht etwas kaufen, aber auch einfach nur auf Ideen kommen. Und das ohne jede Filterblase und "wohlmeinende" Empfehlungsmaschinen der Webshops, die auf Abverkauf oder dynamic pricing ("Preisoptimierung") eingestellt sind.
Dass die "neue Generation" dem abhold ist, entspricht dem leicht kulturpessimistische n Bild, das sie derzeit abgibt. Innovation findet in engen Grenzen statt, feldunabhängiges Denken wird spätestens seit Bologna sanktioniert. Mut zur eigenen Meinung wird ersetzt durch Folgen was gerade "trendet".
Aber vielleicht ist die Zeit der Kaufhäuser wirklich vorbei, weil die Scheuklappen enger werden.
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zerberus
"Brutal und unempathisch" bin nicht ich, lieber Bergradler, sondern das ist die kapitalistische Ökonomie, die kaltlächelnd alles entsorgt, was nicht die erwartete Rendite bringt. Der ist es auch völlig egal, ob Menschen ein Kaufhaus aufsuchen möchten, weil sie sich davon "die noch nicht bedachte Lösung eines komplexen, festgefressenen Problems" erhoffen (guter Witz, übrigens!) - wenn da nicht gleichzeitig die Kasse klingelt.
Ansonsten: leider überhaupt nichts zum eigentlichen Thema (Wie soll es mit der Bamberger Innenstadt weitergehen?), sondern nur das übliche kulturpessimistische Raunen. Schade!
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Bewertungen 14.11.22: +1/3-

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Bergradfahrer
Mit Verlaub, Herr Höllenhund, ich habe gesagt, dass sie "brutal und unempathisch" formulieren, nicht dass Sie es sind. Bitte nicht Kritik am Verhalten mit Kritik an der Person verwechseln, auch wenn das (Achtung Kulturpessimismus!) in zunehmend narzisstischen Zeiten qua definitionem unvermeidlich ist.

Und ja, die sogenannte "Kaufhausmethode" ist ein recht bekannter Ansatz im Lösen komplexer Probleme. Man muss dafür gar nicht weit schweifen. Dietrich Dörner, der wohl brillanteste und höchst ausgezeichnete Forscher, der bisher an der Uni Bamberg war, beschreibt es beispielsweise hier:
http://141.13.71.64/vhb/cps/vhb_CPS_Kurs_gesamt.pdf
Auch für nicht professionelle Problemlöser didaktisch wunderbar aufbereitet.

Klar, man kann auch einen unaufgeräumten Dachboden dafür hernehmen, aber das Kaufhaus hat bei mir immer gut funktioniert oder auch Buch-. Platten- und CD-Läden. Euro-Shops stinken leider und sind zu eng.
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zerberus
Auch in Bamberg sollte man sich nicht länger der Einsicht versperren, dass Kaufhäuser ein überholtes Geschäftsmodell sind. Besser wäre es, sich endlich (und vorsorglich) Gedanken zu machen, wie eine Zukunft der Innenstadt ohne den Hertie aussehen könnte. (Das hätte man schon vor Jahren tun sollen, denn ein Ende ist seit langem absehbar!)
In anderen Städten ist man da - meist notgedrungen - schon weiter. Umnutzungen sind viele denkbar: für Handwerks- und Produktionsbetriebe, für Repair-Cafés, Wohnnutzung, Altenheim, KiTas, usw.
Speziell in Bamberg wäre auch ein Restaurant sehr sinnvoll, nachdem der schon oft geforderte "Ratskeller" wohl nie Realität werden wird. Und: Die TG unter dem Maxplatz könnte endlich zur Anwohner-Garage und als Rad-Parkplatz umgewidmet werden. Ggf. müsste die Stadt ein Vorkaufsrecht geltend machen.
Hier noch einige Quellen - der Platz reicht für alle Ideen bei weitem nicht aus...
https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2020/die-neue-konsumgesellschaft/was-kommt-nach-der-einkaufsstrasse
https://blog.sonepar.de/kaufhausstudien-zur-umnutzung-was-geht/
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/hybrid-spaces-ende-der-konsumpalaeste/
http://docplayer.org/29024258-Umnutzung-von-kaufhaeusern.html
Das sind - wohlgemerkt - nur einige von vielen Beispielen...
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