Kein gern gesehener Gast?

“Wirbel um Maaßen-Auftritt” heißt die Überschrift eines großen FT-Artikels (29.9.23). Der ehem. Verfassungsschutzpräsident wurde von der  Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg zu einem Vortrag eingeladen. 

Was eigentlich zu einer lebendigen Demokratie dazugehört

Die Einladung ist das Eine, die Parteinahme der Lokalzeitung das Andere. Hans-Georg Maaßen ist umstritten. Als mutiger und intelligenter Redner und Schreiber tritt er für Werte und Positionen ein, die durchaus polarisieren können. Darüber kann und muss man bisweilen streiten, was eigentlich zu einer lebendigen Demokratie dazugehört. Nun, damit scheint es manchmal nicht mehr weit her zu sein. 

Dr. Hans-Georg Maaßen

Maaßen war sechs Jahre bis 2018 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (Vs). Dann wurde er vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Grund war Maaßens Haltung zu den Ausschreitungen von Chemnitz. Es ging damals darum, ob diverse Videos eine Hetzjagd rechtsextremer Gruppen auf Migranten darstellen oder nicht. 

Maaßen fiel seit seinem Ausscheiden aus dem Amt des Vs-Präsidenten mit politischen Stellungnahmen auf, die je nach Standpunkt mehr oder weniger als antisemitisch, rechtsextremistisch oder verschwörungstheoretisch empfunden wurden. Besonders in den sozialen Medien lösten seine Beiträge Kontroversen um seine Person aus. CDU-Parteifreunde forderten Maaßen mehrmals öffentlich zum Parteiaustritt auf. Maaßen ist Vorsitzender der sog. Werteunion, die aber keine Untergruppe der CDU/CSU ist. Der Versuch, ihn aus der Partei auszuschließen, misslang.

Interessante Referenten, die ein gewisses Standing haben

Eigentlich ein Werdegang, der geradezu einlädt zum demokratischen Disput. Vielleicht sieht das auch die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg so. Wenn auch im FT etwas missbilligend geschrieben steht:  Bei “der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) ist er offenbar gern gesehen”. Denn im jüdischen Lehrhaus  der Gemeinde soll Maaßen im Dezember 23 zu einem „jüdischen oder religiösen Thema mit Bezug zu Israel“ sprechen, wie der Erste Vorsitzende Martin Arieh Rudolph der IKG gesagt haben soll. 

Der 7-armige Leuchter, auch als Menora bezeichnet, zählt zu den elementaren Symbolen des Judentums.

Im FT heißt es: Rudolph kann in der Einladung Maaßens nichts Ungewöhnliches sehen. Man suche für die Vortragsreihe im jüdischen Lehrhaus immer interessante Referenten, die ein gewisses Standing haben. “Wir sehen den Auftritt Maaßens nicht kritisch. Viele der Vorwürfe gegen ihn sind Unterstellungen und Mutmaßungen, die sich dann als nicht relevant herausstellen.“ Als Körperschaft des Öffentlichen Rechts habe die Gemeinde „das Recht, jeden einzuladen, den wir wollen“, betont er. So sei für den Januar 2024 auch die nicht minder umstrittene Journalistin und Feministin Alice Schwarzer eingeladen. Im November kommt der Historiker Michael Wolffsohn. Und am 19. Oktober kommt Iddo Netanjahu, der Bruder des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Der Erste Vorsitzende der IKG kam eigentlich sehr klar zu Wort. Aber. Aber dazu wurde gleich eine Reihe einschlägiger Stimmen zitiert, die der Einladung von Maaßen kritisch bis ablehnend gegenüberstehen. 

Darauf verzichtet die WebZBlog. Jede/r soll selbst entscheiden, ob er die Veranstaltung besuchen will oder nicht. Im Dezember, genaueres ist noch nicht zu erfahren.

Geschrieben: -mdw; veröffentlicht: 2.10.23; Bilder v. webzet (Titelbild ist i.d.R. Symbolfoto); FotoNw: 

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4 Gedanken zu “Kein gern gesehener Gast?

  1. Spätestens seit Corona ist es mit der lebendigen Demokratie nicht mehr weit her!
    Man darf seine eigene Meinung nur noch dann haben wenn es die richtige ist!

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  2. Der Mann besitzt aus hiesiger Perspektive dann halt doch ein paar charmante Nuancen, dann halt doch einen Hauch Attraktivität, dann halt doch dieses gewisse Je-ne-sais-quoi. Da wird der nicht gerne gesehene Gast gerne zu einem nicht ganz so nicht gerne gesehenenen Gast.

    WebZ: Je-ne-sais-quoi = hat das gewisse Etwas

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  3. Danke, solange wir noch Meinungsfreiheit haben (?), entscheide ich für mich, wohin ich gehe und wem ich zuhören will.

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    1. Cave! Die Kontaktschuld ist wieder im Lande. Wer sich mit Maaßen fotografieren lässt wird in unserer vollkommen neutralen Presse sofort diskreditiert. Jemand wie Harald Schmidt kann darüber lachen und daraus Kapital schlagen, aber “kleineren Leuten” kann dieser puritanisch eifernde Haltungsjournalismus wirklich schaden.

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