Schlachthof: Bamberg gibt Traditionsbetrieb auf

Der Stadtrat legt seinen kommunalen Schlachthof still. Eine Fortführung des seit 120 Jahren bestehenden Betriebes würde zu hohen Verlusten führen. Am 30. Juni 2024 ist Schluss.

Ausführlicher Bericht zur Situation des Schlachthofs

Eine Fortführung des Betriebes würde in jedem Fall zu hohen jährlichen Verlusten führen, sagte Julian Müller, Geschäftsführer des Schlachthofs. Er wurde in seiner Einschätzung von Wirtschaftsreferent Dr. Stefan Goller unterstützt. “Der Schlachthof trägt sich wirtschaftlich unter den gegebenen Umständen nicht mehr und würde die Stadt als alleinige Gesellschafterin auf nicht absehbare Zeit finanziell erheblich belasten”,  so Oberbürgermeister Andreas Starke.

Rappelvoll waren die Zuhörerplätze im Hegelsaal: Befürworter, Gegner und viele Beschäftigte des Schlachthofs.

Ausführlich wurden die wirtschaftlichen Aspekte dargelegt. In ihren Vorträgen legten Goller und Müller dar, dass aus ihrer Sicht alle Möglichkeiten und Optionen ausgelotet wurden, um den Schlachthof zu retten. Allerdings fehlte dafür eine gesicherte Perspektive, auf die sich für die nächsten Jahre bauen lasse. Nach ihren Angaben fehlen pro Woche derzeit 350 Rinder für einen wirtschaftlichen Betrieb. Der Schlachthof mache daher wöchentlich ein Defizit von 40.000 €. > vgl. vorherige WebZ-Berichte zum Thema. Kein Berichtsgegenstand war die mögliche Zukunft der Einrichtung und des Areals. Die Gebäude stehen teils unter Denkmalschutz; die Nutzung des Geländes ist durch Erbbaurechte eingeschränkt.

Vor der Sitzung des Stadtrats kam es zu Protesten von rd. 30 Befürwortern und doppelt so vielen Gegnern der Schließung. Die Befürworter setzten sich vornehmlich für mehr Tierwohl ein. Darunter die Regionalgruppe Bayern des Bündnisses “Gemeinsam gegen die Tierindustrie” mit Sitz in Berlin. 

Die Gegner argumentieren: Viele Landwirte aus den Landkreisen Bamberg, Coburg und Haßberge müssten ihre Tiere künftig länger transportieren, weil umliegende Schlachthöfe keine weiteren Tiere annehmen könnten. Die Landwirte müssten dann mehr für den Transport bezahlen und die weiteren Fahrten wären für das Tierwohl abträglich.

Viele der Gegner und Befürworter sowie Schlachthofbeschäftigte verfolgten anschließend im Hegelsaal die Debatte des Stadtrats über die Schließung des Schlachthofs. 

Schlachthof ist eine Frage der Daseinsvorsorge

In der Debatte begründete Christian Hader (Grüne) das Votum gegen den Schlachthof mit der „finanziellen Verantwortung“ gegenüber den Bürgern der Stadt. An seine Stadtratskollegen und -kolleginnen appellierte er, „Mut aufzubringen für eine unangenehme, aber richtige Entscheidung“. Laut Hader besteht jetzt die Chance für die Entwicklung des von seiner Fraktion favorisierten “Erlwein-Quartiers”. 

Unterstützt wurde der Grünen-Sprecher später mehr oder weniger von Sebastian Martins-Niedermaier (SPD), Stefan Kettner (Linke), Hans-Günter Brünker (Volt) und Martin Pöhner (FDP). 

Anne Rudel (CSU) hielt in ihrer engagiert vorgetragenen Rede die sofortige Schließung des Schlachthofs für verfrüht. Als Mitglied des Aufsichtsrats vermisse sie weiterhin fehlende betriebswirtschaftliche Zahlen aus dem Schlachthof. Für Rudel ist der kommunale Betrieb des Schlachthofs eine Frage der Daseinsvorsorge. Dieser Auftrag sei für die Stadt Bamberg Verpflichtung, bis an die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren alles für den Erhalt des Schlachthofs zu tun. Rudel stellt namens der CSU-Fraktion für diese wichtige Entscheidung eine 2.-Lesung anzusetzen. 

Mehr oder weniger Unterstützung erhielt die Position Rudels von Norbert Tscherner (BBB), Daniela Reinfelder (BuB) und Armin Köhler (AfD). 

Zum Thema hatten sich noch mehrere andere Redner zu Wort gemeldet. 

In den Abstimmungen über 10 Beschlussvorschäge der Verwaltung und 11 Stadtratsanträge zeichnete sich ab, dass ca. 28 Stadtratsmitglieder für die Schließung und ca. 17 dagegen sind.

In manchen Beiträgen war natürlich auch von der Betroffenheit der Beschäftigten des Schlachthofs die Rede. Das Thema wird bei Berichten über die Zukunft des Betriebs noch eine große Rolle spielen.

Geschrieben: -mdw; veröffentlicht: 21.03.24; Bilder v. webzet (Titelbild ist i.d.R. Symbolfoto).

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12 Gedanken zu “Schlachthof: Bamberg gibt Traditionsbetrieb auf

  1. Ist das nur mir aufgefallen: “Darunter die Regionalgruppe Bayern des Bündnisses “Gemeinsam gegen die Tierindustrie” mit Sitz in Berlin.” Gegen welche Industrie gibt es denn noch alles Bündnisse? Der Wohlstand scheint für diese Leute wirklich vom Himmel gefallen zu sein.

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  2. Ist ja nicht so, dass aus dem Bamberger Schlachthof in Zukunft kein Fleisch mehr kommt. Es ist halt einfach nicht mehr tierischen Ursprungs. Wie sagt der Bamberger so schön: der Hungä dreibts nei!

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    1. Also zusammengebasteltes Kunst”fleisch” nichttierischen Ursprungs. Darauf haben sich unsere Vorfahren schon vor 5000 Jahren gefreut.

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      1. Apropos zusammengebastelt, das hier ist die Zutatenliste vom Böhnlein seinen Brodwörschd:

        83% Schweinefleisch, Trinkwasser, Schweinespeck, Speisesalz, Gewürze, Emulgator: Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren, Verdickungsmittel: Guarkernmehl, Dextrose, Säureregulator: Natriumacetat, Stabilisator: Natriumcitrat, Diphosphate; Geschmacksverstärker: Mononatriumglutamat, natürliche Aromen,
        Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure, Säuerungsmittel: Citronensäure, Gewürzextrakte, Schafssaitling

        Allergene: Keine – Kann Spuren von Sellerie, Senf, Eiern, Milch, Pistazien und Weizen enthalten

        steht alles unter Details:
        https://konrad-boehnlein.de/product/feine-bratwurst-ca-110g-paar-10-paar/

        und zum Vergleich, die veganen Fränkischen vom Dennre:

        SEITAN* (85%) (Wasser, WEIZENEIWEIß*), Sonnenblumenöl*, Meersalz, SOJASAUCE* (Wasser, SOJABOHNEN*, WEIZEN*, Meersalz), Zwiebeln*, Karotten*, Lauch*, Tomatenpulver*, Pastinaken*,Gewürze* (schwarzer Pfeffer*, Koriander*, Ingwer*, Macis*, Kardamom*, Kurkuma*), Kräuter* (Petersilie*, Majoran*, Liebstöckel*, Rosmarin*)

        https://www.dennree.de/dennree-produkte/uebersicht/soja-und-seitan/vegane-wuerstchen-auf-seitanbasis-fraenkische-art

        Die schmecken zwar schei**e, sind aber mit Sicherheit gesünder…

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        1. @swissmade
          Also, wie sie oben darlegen, 83% Schweinefleisch und nicht Erbsen oder Sojabohnen und dazu noch mehr E-Nummern!
          Wenn ich mein tägliches Fleisch essen will, will ich, daß es natürlich biologisch entstanden ist. Also nicht chemisch und verfahrenstechnisch zusammengebappt ist.
          Nur ein Geflügel, Rind oder ein Schwein, veredelt Pflanzen zu einem vollendetem Genuß. Daß kann ihr Food Campus niemals erreichen!
          Nach dieser Entscheidung müssen halt die Tiere und das Schlachtfleisch wesentlich längere Strecken zurücklegen, was, neben dem zusätzlichen CO2-Ausstoß, der Fleischqualität auch abträglich ist!

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        1. Das Wort “Müßiggänger” ist glasklar unterhalb der Strafbarkeitsgrenze und deswegen zu vermeiden. In jedem Fall sehen Sie jetzt einer Gefährderansprache entgegen.
          Lisa und Nancy haben das ja schon angekündigt, dass sie denen, die sehr genau wissen, was noch gerade so durchgeht den Kampf ansagen.
          Konsequenterweise werden demnächst auch Strafzettel an alle verteilt, die sich genau an das Tempolimit halten oder knapp darunter sind, weil das ist ja klar, dass die gefährlich sind.
          Ich warte auf den Strafbefehl der Finanzbehörden, weil ich meine Steuern exakt entrichtet habe.

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  3. Aber Hauptsache es ist Geld für Fahrradbügel und sinnlose Kultur da! Wie sich die Leute vernünftig und regional ernähren können ist unseren Fleisch verachtenden Grünlingen egal.
    Und unser OB hat vermutlich das Gelände eh schon dem Food Campus zugeschanzt. Dies wird zwar sicherlich erst in ein paar Jahren aufgedeckt und zur Anzeige gebracht werden, aber da ist dann schon alles zu spät bzw. verjährt.
    Schade, wieder ein Stück Bamberg weniger!

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    1. Der große Knaller kommt erst, wenn es darum geht, was aus dem Schlachthof/Areal werden soll. Das wird die Stunde der Wahrheit sein.

      Hoffentlich wird uns die Webz auch darüber berichten.

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  4. In den vorherigen Beiträgen haben ja einige über Hr. Niedermeier geschimpft, dass er dem nur aus eigenem Nutzen zustimmt. Gleiches könnte man jetzt über Fr. Rudel sagen.
    Hoffentlich findet man für die Beschäftigten eine vernünftige Lösung.

    WebZ: Die WebZ hätte kein Schimpfen zugelassen, weder über Herrn Niedermeier noch über Frau Rudel. Schimpfen geht von Fakten aus, es könnten aber höchsten Mutmaßungen sein.

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