22. Dezember 2024

Was wird aus der Flaniermeile?

Sie wird oft als Flaniermeile Bambergs bezeichnet. Unbestritten ist sie eine der attraktivsten Einkaufsstraßen der Innenstadt. Aktuell fallen aber besonders die Leerstände auf – in der Langen Straße.

Noch kein Barber- oder Tätowiershop

Vier Leerstände gibt es derzeit in der relativ kurzen Langen Straße. Zum Beispiel das Sandsteinpalais Lange Straße 12 und 14, in dem es bis vor kurzem noch den Drogeriemarkt „Budni“ gab. Rund 500 Quadratmetern Verkaufsfläche liegen jetzt brach. Der Laden hat im Herbst vergangenen Jahres zugemacht, der Vorgänger “City-Markt Massak” hatte auch nach nur wenigen Jahren kapituliert. Ein Nachfolger für die Ladenflächen ist bis heute nicht in Sicht.

Wenige Meter Richtung Schönleinsplatz ist bereits der nächste Leerstand zu sehen. Der einstige Stoffladen ist über und über mit Plakaten beklebt. Auf der anderen Straßenseite, gleich neben der Bankfiliale, erscheint ein Leerstand zwar gut getarnt, ist aber real. 

Die Leerstände schmälern den Gesamteindruck dieser wichtigen Straße für die Bamberger Innenstadt. Die Lange Straße ist immer noch eine Einkaufsstraße, die sich sehen lassen kann – im Gegensatz zur Königstraße auf der anderen Seite des Innerstadtrings. Auf den ersten Blick ist es kaum zu glauben, dass es in der Langen Straße noch 48 Geschäftseinheiten gibt – und noch keinen Barber-Shop oder Tätowierer. 

Umstrittene Rolle des motorisierten IndividualVerkehrs

In Deutschland grassiert – wie in anderen Ländern auch – ein Ladensterben, wie es vor gut zehn Jahren noch nicht vorstellbar war. In der Langen Straße wechselte damals vielleicht ein Pächter einen anderen ab. Schlimm war es bereits, wenn ein altbekannter Eigentümer aufgab. 

Warum jetzt so eine deutlich sichtbare Entwicklung? 

Die Meinungen dazu gehen nicht nur auseinander, sondern sind teilweise auch sehr gegensätzlich. Einig sind sich bspw. die Stadtverantwortlichen und Betroffenen darin,  dass die für das Ladensterben verantwortliche Konsumflaute auf den mittlerweile weit verbreiteten Online-Handel zurückführen ist. Da muss sich auch jede/r selbst an die Nase fassen.

Kritisch wird es aber dann, wenn es um die Bedeutung und die Auswirkungen des motorisierten IndividualVerkehrs (mIV) geht. Seit es im Bamberger Stadtrat eine Mehrheit für die möglichst starke Reduzierung des mIV im Bereich der Langen Straße gibt, sind schon einige Eingriffe in den Parkverkehr vorgenommen worden. Die weiter ins Auge gefassten Pläne laufen nahezu auf einen verkehrlichen Stillstand hinaus. Hauptgrund ist die Absicht, eine Flaniermeile im wörtlichen Sinne zu schaffen. Dagegen steht die Position und Erfahrung der meisten betroffenen Einzelhändler, dass eine Flaniermeile nur dann auch als Einkaufsort wahrgenommen wird,  wenn möglichst viele Menschen im Rahmen des mIVs möglichst nahe an sie ran kommen. So beschert das Aus für die Kurzzeitparkplätze in der Langen Straße unvorsichtigen Autofahrern jeden Tag aufs neue viele 55-€-Strafzettel. Die Quittung hierfür zahlt mittelbar auch der Handel.

Es gibt aber auch Bamberger/innen, die mit der Flaniermeile bisher zufrieden waren, und das auch weiterhin wären, bliebe sie so, wie sie noch vor drei Jahren war.

Geschrieben: PM-mdw; veröffentlicht: 31.08.23; Bilder v. webzet (Titelbild ist i.d.R. Symbolfoto); Bilder WebZ

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9 Gedanken zu “Was wird aus der Flaniermeile?

  1. was für eine dekadente Diskussion. .. Ich kenne viele Selbstständige, wo das Geschäft zwar lief, aber die Kosten und die Bürokratie den Besitzer zermürbt haben. Auch mein Kleinunternehmen ist in den letzten 3 Jahren kaputt gegangen… Stichworte: Mieterhöhungen, Totalschließungen, Hilfen- die dann zurückgefordert werden, Auflagen, Gebühren, Personal, Parküberwachung und ENERGIEKOSTEN….
    Ich freue mich und unterstütze möglichst viele von den wackeren Ladenbesitzern, die durchhalten w.z.B. Bürsten Nickles. Schade, dass Hut Holland nicht überstanden hat u.v.m.
    Wir haben es in der Hand, unser Geld und wofür wir es ausgeben;)
    schönes Wochenende.
    PS: Ich habe gar kein ammazzoon

  2. Na, jetzt haben es auch die alten Herren verstanden. Es hat nix mit fehlenden Parkplätzen zu tun dass online gekauft wird. Wir brauchen all den Shopping-Sch### nicht mehr. Times are a-changin.
    Darum: nicht den Hemmschuh hin schmeißen sondern die Chancen ergreifen die sich daraus ergeben.

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    1. Das Bübla hat das grundlegend flasch verstanden. Gute Geschäfte mit den Eigenschaften, die @Werner beschreibt, braucht es schon. Es braucht Marktplätze, Handel und Interaktion von Angesicht zu Angesicht, das braucht der Mensch. Latürnich werden diese Geschäfte erst wieder aufblühen und Gewinne erwirtschaften, wenn sich Deutschland erholt hat, also einige Zeit nachdem wir die zerstörerische Ampel zum Teufel und die Schäden der späten Kohl- und gesamten Merkel-Ära beseitigt haben.
      Den fünfzigsten Coffee Shop, in dem Soja-Sören sein triple fair traded organic vegan flat non-bipoc-exclusive white bekommt, oder einen weiteren Haar- und Geldwäsche-Barber-Abdul braucht kein Schwein. Und auch keine neue Junkfoodautomatenhöhle für selbstorganisatorisch Behinderte, die es nicht schaffen innerhalb der Ladenöffnungszeiten einzukaufen.

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  3. Ich meine, man sollte die Lange Straße im Prinzip so lassen wie sie ist. Allerdings sollten wieder ein paar Kurzparkplätze (“Brötchentaste”) entstehen.

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  4. Den Leerstand sieht man bundesweit. Gerade in richtig zentralen Lagen. Der Jahreswechsel 2023 ist ein Knacks gewesen. Damit im Zusammenhang steht mein subjektiver Eindruck, dass nochmal mehr Menschen, öffentlich sichtbar, im Leben gestrandet bzw. sogar ganz auf der Straße gelandet sind. Mit dem MIV hat das alles nichts zu tun.

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  5. Das Hauptproblem sind unsere Grünlinge, die meinen, mit dem Angebot von (Lasten-) Fahrradbügeln kann man genügend Kunden in die Lange Straße locken. Aber welcher ältere Herr, der zwar noch fit genug ist Auto zu fahren, hat oder fährt ein (Lasten-) Fahrrad, um einzukaufen.
    Dies werden unsere Grünlinge leider erst in 20 oder 30 Jahren erkennen, wenn sie selbst in dieses Alter gekommen sind.
    Also können nur die nächsten Wahlen wieder für Ordnung sorgen!

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    1. Da geb ich ihnen völlig Recht, CFRA2. Die Grünen würden in der Stadt einen Grünpark einrichten wollen. Aber bei der Frage, wie und wer das Geld für den Unterhalt erarbeiten soll, da hörts dann auf. (Auch das Schuldenmachen hat seine Grenzen, wie man in der Bundespolitik sieht.

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  6. “…die für das Ladensterben verantwortliche Konsumflaute auf den mittlerweile weit verbreiteten Online-Handel zurückführen ist. Da muss sich auch jede/r selbst an die Nase fassen…”.

    Einlassung: es ist nicht nur der Konsument daran schuld, auch die betroffenen Einzelhändler tragen ihr Scherflein dazu bei. Gerne schildere ich hierzu eigene Erfahrungen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch nach an den “Rasierer Müller”, ein Fachgeschäft für alles rund ums Rasieren in der Hellerstraße, wo ich noch zu analogen Zeiten einen meiner ersten Rasierapparate kaufte und der leidlich ewig hielt. Nachdem er dann doch das zeitliche jenseits der heute üblichen Obsoleszenz gesegnet hatte, suchte ich vor ein paar Jahren den Laden wieder auf. Ein vergleichbares Gerät moderneren Fabrikats kostete das zweieinhalbfache des “Straßenpreises” im Online-Handel, war nicht vorrätig und hätte sogar innerhalb von zwei Wochen besorgt werden können. Auf dem Absatz kehrt gemacht. Der Laden ist nun seit Jahren geschlossen. Und Barber-Shops gibt es da hinten mittlerweile mehrere.

    Ich bin bereit für Präsenz und Expertise höhere Preise zu bezahlen, wenn auch die Leistung stimmt und im Einvernehmen mit dem Preis offensichtlich ist. Ausnehmen lasse ich mich bei transparent verfügbaren Gütern aber nicht. Die Zeiten ändern sich eben. Wer nicht mit der Zeit geht, geht eben mit der Zeit.

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    1. Lustig, ging mir fast genauso. Mit dem Unterschied, dass ich nicht recherchiert hatte, sondern in lokalpatriotischem Eifer für meinen Premium Langhaarschneider 220€ hingeblättert habe. Als mir dann eine Kollegin erzählte, dass sie ihrem Sohn den gleichen gekauft hatte für etwas über 100€, erfuhr meine bedingungslose Loyalität gegenüber dem Bamberger Einzelhandel einen irreparablen Dämpfer.
      Oder eine nach unter einem Jahr durchgewetzte “Designerjeans” für ~170€, die der Ladeninhaber “erst einmal einschicken” muss, was der Hersteller dazu sagt. Ein Vorgang, der stets wenigstens drei Wochen dauert. Und das nur falls sich der Laden nicht ohnehin mit Händen und Füßen gegen die Reklamation wehrt und dem Kunden die Schuld gibt. Im Onlinehandel ist die Sache in unter 48 Stunden erledigt.
      Und ein nennenswertes Sortiment existiert im höherpreisigen Sektor eh nicht mehr. Einen akzeptablen Anzug kann man in Bamberg gar nicht kaufen. Oder kaufen Sie mal aus Spaß hier vor Ort eine Rolex zum sofortigen Mitnehmen, wird schwierig. 😉

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